Von Adenauer zu Stalin
Der Einfluss des traditionellen deutschen Städtebaus in der Sowjetunion um 1935

Herausgegeben von Harald Bodenschatz und Thomas Flierl
Theater der Zeit, Edition Gegenstand und Raum, Berlin 2015 (erscheint im Herbst)

Buchpremiere am 8. September 2016, 18 Uhr,
Bücherbogen, Savignyplatz, Stadtbahnbogen 593, 10623 Berlin,
in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Werkbund Berlin e.V.

In den letzten Jahren ist das Interesse an der Architektur- und Städtebaugeschichte der Sowjetunion in den 1920er und 1930er Jahren enorm gewachsen. Bisher stand vor allem der Austausch zwischen sowjetischer und westeuropäischer Avantgarde, zwischen Konstruktivismus und Neuem Bauen im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Aber auch die traditionalistische Wende in Architektur und Städtebau unter Stalin stützte sich auf deutsche Einflüsse. Der Band behandelt erstmals ausführlich das Wirken des Kölner Stadtarchitekten Kurt Meyer, der als Kommunist auf eigenen Wunsch 1930 nach Moskau ging und dort maßgeblich den Generalbebauungsplan für Moskau von 1935 beeinflusste. Meyer wurde 1936 verhaftet und starb 1944 im Lager. Vorgestellt wird weiter das Vorwort zur 1935 in Moskau erschienenen russischen Ausgabe des Buches „Platz und Monument“ von Albert Erich Brinckmann, einem Hauptwerk der deutschen städtebaulichen Kunstgeschichtsschreibung. Kurt Meyer und Albert Erich Brinckmann verkörperten in besonderer Weise den deutschen Erfahrungstransfer in die Sowjetunion Mitte der 1930er Jahre.

Inhalt:

Harald Bodenschatz/Thomas Flierl
Die Tätigkeit Kurt Meyers in Moskau und die sowjetische Rezeption des städtebaugeschichtlichen Hauptwerks von Albert Erich Brinckmanns

Evgenija Konyševa
Der Architekt Kurt Meyer als Spezialist für Städtebau in der UdSSR
übersetzt von Thomas Flierl und Susanne Strätling

Dossier

* Fragebogen vom 11. März 1930 und Lebenslauf vom 30. Oktober 1930

* Kurt Meyer, «Zu den Grundfragen des Städtebaus Moskaus», in: Sovetskaja architektura, Nr. 4/1931, S. 5-10, übersetzt von Thomas Flierl und Susanne Strätling


* «Neuplanung von Moskau. Vortrag des Stadtbaumeisters Kurt Meyer» [in der «Proletarischen Bauausstellung des Kollektivs für sozialistisches Bauen, Sektion der ARBKD)»], in: Die Rote Fahne vom 5. Juni 1931, Feuilleton Beilage, S. [1]

* Kurt Meyer, «Zentrum, Grün, Transport», in: Stroitel’stvo Moskvy, Nr. 8,9/1932, S. 11, übersetzt von Thomas Flierl und Susanne Strätling

* Kurt Meyer, «Deutsche und russische Architektur», [Statement zur Ausstellung deutscher Architektur in Moskau 1932], in: Moskauer Rundschau vom 10. September 1932

* Kurt Meyer, «Das Zentrum – der Stalin-Park», in: Stroitel’stvo Moskvy, Nr. 7/1935, S. 36-39, übersetzt von Thomas Flierl und Susanne Strätling


* Kurt Meyer, «Sozialer Humanismus», in: Architekturnaja gazeta, Nr. 40 vom 16. Juli 1935, übersetzt von Thomas Flierl und Susanne Strätling

* Hannes Meyer, Erklärung über den Gestapo-Agenten Franz Waitz vom 29. August 1936, Typoskript

Tatiana Efrussi
Kommentar: Hannes Meyers Erklärung vom 29. August 1936 „Über meine Beziehungen
zu dem Gestapo-Agenten Franz Waitz“ – Bedeutung, Kontext, Fragen. Übersetzt von Thomas Flierl

* Kurt Meyer
Erklärung gegenüber dem Parteikomitee der Planungsabteilung
des MOSSOVET vom 5. September 1936

* Gertrud Meyer
Brief an Lazar’ M. Kaganovič vom 30. März 1957

Ulrich Reinisch
Albert Erich Brinckmanns ‹Platz und Monument› und der sozialistische Städtebau

Dossier

* Ignatij E. Chvojnik: Städtebau als künstlerisches Problem bei A. E. Brinckmann
Vorwort zur russischen Übersetzung von «Platz und Monument als künstlerisches Formproblem», 
übersetzt von Helen Schulz

Buchcover (Entwurf) Der Einfluss des traditionellen deutschen Städtebaus in der Sowjetunion um 1935


Der 4. CIAM-Kongress in Moskau. Vorbereitungen und Scheitern 1929-1935

Vortrag im Forschungskolloquium des Slavistischen Seminars der Universität Konstanz
Dienstag, 9. Dezember 2014, 15.15 – 16.45 Uhr
Universität Konstanz

Die Annäherung zwischen der internationalen Bewegung des «Neuen Bauens» und der sowjetischen Modernisierungspolitik, zwischen der 1928 gegründeten CIAM und der Industrialisierung der Sowjetunion im Rahmen des 1. Fünfjahrplans (1928-1932), hatte zwei Hauptprojekte: Die Tätigkeit ausländischer Stadtplaner und Architekten in der Sowjetunion und die Idee, einen CIAM-Kongress in Moskau zu veranstalten.
Nach dem ersten Anlauf in Frankfurt am Main 1929 beschloss die CIAM auf ihrem 3. Kongress im November 1930 in Brüssel, ihren nächsten Kongress zum Thema «Die funktionelle Stadt» in Moskau durchzuführen. Doch der Moskauer Kongress fand nie statt. Die langwierige Vorbereitung und das Scheitern des Moskauer CIAM-Kongresses sind bis heute nur aus den Archiven der CIAM in Zürich, Paris und Rotterdam gedeutet worden.
Eine Geschichte des gescheiterten 4. CIAM-Kongresses kann nicht mehr ohne die systematische Einbeziehung heute zugänglicher russischer Archivquellen geschrieben werden.
Die Absage des Kongresses war Teil der innenpolitischen Auseinandersetzung um den Weg bei der Industrialisierung und Modernisierung des Landes. Das Kongressprojekt geriet in die Phase des Umbaus der staatlichen Institutionen 1931/1932, als dessen Resultat schließlich die gewalttätige Fraktion Stalins über die Option eines sowjetischen Fordismus obsiegte. Architektur und Städtebau waren dabei Gegenstand und herausragendes Medium des gesellschaftspolitischen Hegemoniewechsels. Es ist ein bis heute nachwirkendes Ergebnis der stalinistischen Geschichtsschreibung sowie des Kalten Krieges, dass die Akteure, die sich für eine umfassende Kooperation mit dem Neuen Bauen und für eine andere Verbindung von Sozialismus und Moderne als der dann von Stalin durchgesetzten engagierten, weithin vergessen sind, zumal sehr viele von ihnen im «Großen Terror» ab 1936 ermordet wurden.
Aus den russischen Archiven lassen sich sowohl die innersowjetischen Debatten, Machtkämpfe und Hierarchieverschiebungen verstehen als auch die Umrisse des geplanten Moskauer Kongresses erkennen.

Absage aus Moskau: Jakov L. Vajnšenker an Siegfried Giedion, gta-Archiv Zürich


«Socgorod i Novyj Byt»
Projekte und Debatten über Stadt und Lebensweise
in der Sowjetunion um 1930


Sommersemester 2013, mittwochs, 16 bis 18 Uhr
Osteuropainstitut der Freien Universität Berlin
Garystraße 55, Seminarraum 301, 14195 Berlin

Mit der 1925 beschlossenen und während des 1. Fünfjahrplans 1929-1933 in Angriff genommenen umfassenden Industrialisierung Sowjetrusslands gewannen die Debatten über die zukünftige territoriale Verteilung der Industrie, über das Verhältnis von Stadt und Land sowie über die «sozialistische Stadt» als Basis der «neuen Lebensweise» unmittelbar praktische und politische Relevanz.
Im Seminar werden die städtebaulichen, sozial-kulturellen und gesellschaftspolitischen Aspekte verschiedener (konzipierter und realisierter) Projekte der «Socgorod“» und ihrer Bauprogramme (u.a. Kommunehäuser, Klubs, Kulturhäuser, Küchen-Fabriken usw.) anhand einschlägiger Texte und Planungen diskutiert. Im Mittelpunkt stehen Texte zur Debatte zwischen Urbanisten und Desurbanisten sowie zur «vollständigen Vergesellschaftung der Lebensweise» (Leonid M. Sabsovič) und zur räumlich-funktionellen Organisation der «Socgorod» (Nikolaj A. Miljutin). Anhand des Wirkens des deutschen Architekten und Stadtplaners Ernst May in der Sowjetunion (1930-1933) und seines Scheiterns lässt sich sowohl die starke Öffnung zur internationalen Bewegung des Neuen Bauens (1929-1932), als auch die stalinistische Wende in Architektur und Städtebau ab 1932/33 hin zum Historismus verfolgen.

Das zum Seminar parallel veranstaltete und gemeinsam mit Dr. Susanne Strätling (OEI/AVL FU Berlin) organisierte Programm
kann hier als PDF heruntergeladen werden.

Lehrveranstaltungen


Die Welt der Pariser Wochenzeitung Monde (1928-1935) (2012)

Herausgegeben von Thomas Flierl, Wolfgang Klein und Angelika Weissbach,
Aisthesis Bielefeld 2012, 256 Seiten

«… kommen Sie und arbeiten Sie mit uns an der Zeitung MONDE.»

Mit diesem Satz soll Henri Barbusse den seit 1928 in Paris lebenden Maler Max Lingner eingeladen haben, an seiner Wochenzeitung MONDE mitzuarbeiten. Während Lingners Tätigkeit bei MONDE bisher gut bekannt zu sein schien, hat die Geschichte der Zeitung bisher nur partiell Aufmerksamkeit gefunden. 
Die nun vorliegende, reich mit Illustrationen und Titelbildern von Max Lingner und anderen zeitgenössischen Künstlern wie George Grosz, Käthe Kollwitz oder Diego Rivera ausgestattete Publikation versammelt Beiträge, die die Zeitung in ihren historischen, politischen und ästhetischen Kontexten betrachten. Vor diesem Hintergrund erlangt auch die Tätigkeit Lingners deutlichere Konturen.

Mit MONDE hatte die politische Linke anfänglich eine breite internationale kulturelle Plattform gewonnen, 1932/33 wurde MONDE auf die verengte Linie der Komintern gebracht. So wurde der Zeitung das Rückgrat gebrochen, bevor die Volksfront in Frankreich begann.


Städtebau und Diktatur im 20. Jahrhundert:
Italien, Sowjetunion, Portugal, Spanien

Es sprechen:
Harald Bodenschatz (Städtebau und Diktatur), Daniela Spiegel (Italien),
Thomas Flierl (Sowjetunion), Max Welch Guerra (Spanien),
Christian von Oppen (Portugal), Max Welch Guerra (Städtebautheorie und Geschichtsschreibung)

Dienstag, 4. Juni 2013 19 Uhr
Bauhaus-Institut für Geschichte und Theorie der Architektur und Planung
Belvederer Allee 5, Goethestr. 13, 99425 Weimar

leer


Two Architectures ––Karl-Marx-Allee and Interbau 1957.
Confrontation, competition and co-evolution in the divided Berlin


Statement on the Expert meeting on serial and transnational nomination of the Architectural Heritage of Social Realism in Central and Eastern Europe to the UNESCO World Heritage List.

Monday, 15th of April 2013
Warsaw Heritage Protection Dept.
Pałac Ślubów, Plac Zamkowy 6, Warsaw

Koevolution der Moderne

banner-hhs-koevolution_03c


Evgenija Konyševa, Mark Meerovič: «‹Linkes Ufer, rechtes Ufer›
Ernst May und die Planungsgeschichte von Magnitogorsk (1930-1933)»

_
Herausgegeben, eingeleitet und ergänzt um bislang unveröffentlichte Texte
aus dem Nachlass Ernst Mays von Thomas Flierl
Theater der Zeit, Edition Gegenstand und Raum, Berlin 2013

Die Mitwirkung von ausländischen Spezialisten bei der Industrialisierung Sowjet-Russlands Anfang der 1930er Jahre ist noch immer ein weithin unerforschtes Terrain. Evgenija Konyševa (Čeljabinsk) und Mark Meerovič (Irkutsk) haben sich auf die Spuren des deutschen Architekten und Stadtplaners Ernst May (1886–1970) begeben, der in den Jahren 1930 bis 1933 für die Planung und den Bau neuer Wohnstädte verantwortlich war.
In ihrem Buch zeichnen sie die Planungsgeschichte von Magnitogorsk (Ural) unter der Leitung von Ernst May nach und untersuchen den Stellenwert des Wohnungsbaus und das Konzept der sozialistischen Stadt (Socgorod) im Zuge der Industrialisierung. Mit der Abkehr der stalinistischen Baupolitik vom Neuen Bauen 1932 scheiterten nicht nur die Pläne von Ernst May für Magnitogorsk ––nur ein erster Bauabschnitt wurde realisiert. May verließ das Land und wurde dort für Jahrzehnte zur Unperson. Das Buch beleuchtet ein bislang verborgenes Kapitel russisch-deutscher Geschichte.


Neues Bauen zwischen Magnitogorsk und Hamburg-Altona
Das architektonische Erbe des Stadtplaners Ernst May


Vortrag von Dr. Thomas Flierl
anschließend Diskussion mit Dr. Arnold Bartetzky und Prof. Dr. Peter Michelis

Donnerstag, 21. Februar 2013 20 Uhr
infozentrum Mitte Altona, www.hamburg.de/mitte-altona
Hartkortstraße 121 (Hofeingang), 22765 Hamburg

leer


Standardstädte. Ernst May in der Sowjetunion 1930-1933.
Hoffnung und Scheitern des Neuen Bauens.


Vortrag von Dr. Thomas Flierl

Montag, 10. Dezember 2012 19 Uhr
Institut für Architekturgeschichte, 
Architektur und Stadtplanung (ifag)
an der Universität Stuttgart – «Vortragsreihe ifag um sieben»
Keplerstraße 11, 70174 Stuttgart

leer


Standardstädte. Ernst May in der Sowjetunion 1930-1933.
Hoffnung und Scheitern des Neuen Bauens.


Vortrag von Dr. Thomas Flierl

Mittwoch, 28. November 2012 18 Uhr, Großer Hörsaal
Technische Universität Darmstadt
Vortragsreihe «Positionen. Mittwochabend Winter 2012»
El-Lissitzkystraße 1, 64287 Darmstadt

leer